Verwaltung schafft Klarheit bei der Abgrenzung zwischen Geldleistungen und Sachbezügen
Steuerliche Vergünstigungen für Sachzuwendungen
Hintergrund ist, dass Arbeitnehmer von Steuervorteilen profitieren können, wenn sie von ihrem Arbeitgeber einen Sachlohn anstelle von Barlohn erhalten. So sind zum Beispiel Sachzuwendungen steuerfrei, wenn sie insgesamt nicht mehr als 44 Euro im Monat betragen. Ab 2022 ist diese so genannte Sachbezugsfreigrenze sogar auf 50 Euro monatlich angehoben worden.
Viele Arbeitgeber haben daher ihren Mitarbeitern Gutscheine und Geldkarten überlassen. Zum Beispiel Tankkarten, mit denen der Arbeitnehmer monatlich für maximal 44 Euro tanken darf.
Tipp: Ein weiterer Vorteil bei Sachzuwendungen besteht darin, dass die vom Arbeitnehmer zu zahlende Lohnsteuer vom Arbeitgeber pauschaliert werden kann.
Die neue gesetzliche Regelung im Wortlaut
In Paragraf 8 Absatz 1 Satz 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes heißt es seit der Gesetzesänderung durch das Jahressteuergesetz 2019:
„Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten. [Das] gilt nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.“
Die gesetzliche Regelung der Sachbezugsfreigrenze in Paragraf 8 Absatz 2 Satz 11 des Einkommensteuergesetzes ist um einen zweiten Halbsatz ergänzt worden. Es heißt nunmehr:
„Sachbezüge [...] bleiben außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 Euro im Kalendermonat nicht übersteigen; die [...] nicht zu den Einnahmen in Geld gehörenden Gutscheine und Geldkarten bleiben nur dann außer Ansatz, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.“
Überblick über die neuen Regelungen
Durch die neue Definition „Zu den Einnahmen in Geld gehören“ ist nun gesetzlich festgeschrieben, dass zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen sind.
Bestimmte zweckgebundene Gutscheine (einschließlich entsprechender Gutscheinkarten, digitaler Gutscheine, Gutscheincodes oder Gutscheinapplikationen/-Apps) oder entsprechende Geldkarten (einschließlich Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Karten) werden hingegen als Sachbezug gesetzlich definiert.
Voraussetzung ist, dass die Gutscheine oder Geldkarten ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen und die Kriterien des Paragrafen 2 Absatz 1 Nummer 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen.
Von einer solchen Berechtigung zum ausschließlichen Bezug von Waren oder Dienstleistungen ist insbesondere nicht auszugehen, wenn der Arbeitnehmer (zum Beispiel aufgrund eines vom Arbeitgeber selbst ausgestellten Gutscheins) zunächst in Vorleistung tritt und der Arbeitgeber ihm die Kosten im Nachhinein erstattet. In diesen Fällen handelt es sich um eine Geldleistung in Form einer nachträglichen Kostenerstattung.
Tipp: Bei den vom Arbeitgeber getragenen Gebühren für die Bereitstellung (zum Beispiel bei einer Setup-Gebühr) und für die Aufladung von Gutscheinen und Geldkarten handelt es sich nicht um einen zusätzlichen geldwerten Vorteil, sondern um eine notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen des Arbeitgebers und damit nicht um Arbeitslohn des Arbeitnehmers.
Die 44-Euro-Freigrenze (beziehungsweise ab dem 1. Januar 2022 die 50-Euro-Freigrenze) ist bei Gutscheinen und Geldkarten nur dann anwendbar, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Der steuerliche Vorteil ist damit insbesondere im Rahmen von Gehaltsverzicht oder -umwandlungen ausgeschlossen.
Wichtige Nichtbeanstandungsregelung für 2020 und 2021
Nach dem Gesetzeswortlaut sind bestimmte zweckgebundene Gutscheine als Sachbezug anzusehen, wenn sie ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des Paragrafen 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.
Lange war unklar, was mit dem Bezug auf das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz konkret gemeint ist. Die Arbeitgeber hatten von dieser Vorschrift zumeist noch nie etwas gehört und warteten lange vergeblich auf entsprechende Erläuterungen der Finanzverwaltung. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass das Bundesfinanzministerium in seinem Anwendungsschreiben vom April 2021 eine Nichtbeanstandungsregelung veröffentlicht hat.
Tipp: Abweichend von der gesetzlichen Regelung wird es nicht beanstandet, wenn Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen noch bis zum 31. Dezember 2021 als Sachbezug anerkannt werden, auch wenn sie die einschlägigen Kriterien des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes nicht erfüllen.
Konkrete Beispiele des Bundesfinanzministeriums für Sachbezüge
Das Bundesfinanzministerium nennt in seinem Anwendungsschreiben die folgenden Beispiele für Sachbezüge:
- Gewährung von Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherungsschutz bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitgeber
- Gewährung von Unfallversicherungsschutz, soweit bei Abschluss einer freiwilligen Unfallversicherung durch den Arbeitgeber der Arbeitnehmer den Versicherungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen geltend machen kann
- Gewährung von Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstäglichen Zuschüssen zu Mahlzeiten (digitale Essenmarken)
- Gewährung von Gutscheinen oder Geldkarten , die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen bei dem Arbeitgeber oder bei einem Dritten berechtigen und zudem ab dem 1. Januar 2022 die einschlägigen Kriterien des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen
Anforderungen des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes
Nach Paragraf 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes gelten bestimmte Dienste nicht als Zahlungsdienste. In diesen Fällen handelt es sich steuerlich daher um Sachlohn.
Das gilt zum einen für Dienste, die auf Zahlungsinstrumenten beruhen, die für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen in den Geschäftsräumen des Emittenten oder innerhalb eines begrenzten Netzes von Dienstleistern im Rahmen einer Geschäftsvereinbarung mit einem professionellen Emittenten eingesetzt werden können.
Die zweite Fallgruppe sind Dienste, die auf Zahlungsinstrumenten beruhen, die für den Erwerb eines sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungsspektrums eingesetzt werden können.
Unter das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz fallen zudem auch keine Dienste, die auf Zahlungsinstrumenten beruhen, die beschränkt sind auf den Einsatz im Inland und auf Ersuchen eines Unternehmens oder einer öffentlichen Stelle für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke (nach Maßgabe öffentlich-rechtlicher Bestimmungen für den Erwerb der darin bestimmten Waren oder Dienstleistungen) bereitgestellt werden. Von Anbietern, die eine gewerbliche Vereinbarung mit dem Emittenten geschlossen haben.
Das Bundesfinanzministerium nennt hierfür die folgenden Beispiele, die auch ab 2022 als Sachlohn anzusehen sind:
- Wiederaufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel
- Shop-in-shop-Lösungen mit Hauskarte
- Tankgutscheine oder -karten eines einzelnen Tankstellenbetreibers zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in seiner Tankstelle
- Von einer bestimmten Tankstellenkette (einem bestimmten Aussteller) ausgegebene Tankgutscheine oder -karten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen in den einzelnen Tankstellen mit einheitlichem Marktauftritt
- Ein vom Arbeitgeber selbst ausgestellter Gutschein (zum Beispiel ein Tankgutschein,), wenn die Akzeptanzstellen aufgrund des Akzeptanzvertrags unmittelbar mit dem Arbeitgeber abrechnen
- Karten eines Online-Händlers, die nur zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette (Verkauf und Versand durch den Online-Händler) berechtigen, nicht jedoch, wenn sie auch für Produkte von Fremdanbietern (z. B. Marketplace) einlösbar sind
- Centergutscheine oder Kundenkarten von Shopping-Centern, Malls und Outlet-Villages
- City-Cards, Stadtgutscheine
Nachträgliche Kostenerstattungen sind Geldleistungen und kein Sachbezug
Ein im Inland gültiges gesetzliches Zahlungsmittel wie der Euro oder Zahlungen in einer gängigen, frei konvertiblen und im Inland handelbaren ausländischen Währung sind selbstverständlich Geldleistungen. Das gilt aber auch für zweckgebundene Geldleistungen und nachträgliche Kostenerstattungen. Diese sind nicht als Sachbezug, sondern als Geldleistung anzusehen.
Tipp: Die Steuerbefreiung des Paragrafen 3 Nummer 50 des Einkommensteuergesetzes für Beträge, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber erhält, um sie für ihn auszugeben (durchlaufende Gelder) und für Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersatz), bleibt hiervon allerdings unberührt.
Stand: 24.05.2021