Erstattung von Reisekosten bei Stornierung

Zu Zeiten der Corona-Krise und der damit einhergehenden weltweiten Reisewarnungen oder sogar Reiseverbote sieht sich die Reisebranche daher einer Vielzahl von geltend gemachten Reisepreiserstattungsansprüchen der Kunden ausgesetzt.

Umbuchung und Reisegutschein statt Erstattung des Reisepreises - nur ein Vorschlag der Bundesregierung!

Vermehrt fällt bei der Mandatsbearbeitung im Reiserecht auf, dass die Reiseveranstalter entgegen der gesetzlichen Regelung in § 651h BGB nicht den Reisepreis zurückerstatten, wenn die Reise coronabedingt nicht stattfindet, sondern lediglich Umbuchungen oder Reisegutscheine anbieten. Meist wird dabei auf den Vorschlag der Bundesregierung, den Reiseveranstaltern dieses Vorgehen zu ermöglichen, verwiesen und teils wird dies sogar wider besseren Wissens als bereits bestehende Gesetzeslage dargestellt.

Vorsicht von irreführenden Aussagen durch Reiseanbieter!

In einem besonders krassen Fall erhielt der Mandant ein Schreiben seines Reiseveranstalters mit auszugsweise folgenden Aussagen:

 „Die Bundesregierung hat deshalb am 02.04.2020 eine rückwirkende Gutscheinlösung für alle Reiseverträge, die vor dem 08.03.2020 vereinbart wurden, beschlossen, die den bereits vom Kunden bezahlten Wert der abgesagten Pauschalreisen und Flüge abdeckt. (…) Da die Details der Gutscheinlösung noch von der Bundesregierung verbindlich geregelt werden müssen, bitten wir Sie, genauso wie wir, noch etwas Geduld zu haben, bis die exakten Details der Gutscheinlösung veröffentlicht werden, damit diese korrekt umgesetzt werden können. Soweit möchten wir Sie darauf hinweisen, dass mit Inkrafttreten der gesetzlichen Gutscheinlösung auch rückwirkend ein Verzug für die Rückzahlungsforderungen und damit eine Ersatzpflicht entfällt. Vorsorglich möchten wir Sie auch auf Ihre Schadensminderungspflicht hinweisen und im Hinblick auf die bereits von der Bundesregierung beschlossene rückwirkende Gutscheinregelung bitten, das Gesetzgebungsverfahren abzuwarten.“

Nach wie vor maßgeblich: Die Europäische Pauschalreiserichtlinie

Hier wird dem Kunden sogar unverblümt mit einem Schadensersatz auslösendem Verhalten gedroht, wenn er sich auf das geltende Reiserecht beruft! Selbst Wirtschaftsminister Olaf Scholz stellte jetzt klar: Das geltende Recht lässt noch keine Gutscheine zu. Zwar gibt es einen entsprechenden Vorschlag der Bundesregierung, welchem die EU-Kommission aber zustimmen müsse. Und dies hat sie bislang noch nicht getan, sondern im Gegenteil erneut darauf verwiesen, dass bei Flugreisen und Pauschalreisen generell die Europäische Pauschalreiserichtlinie greife. Und diese besagt: Wird eine Reise nicht wie geplant durchgeführt, bekommt der Urlauber sein Geld binnen 14 Tagen zurück, § 651 h Abs. 5 BGB

Ausgabe von Gutscheinen entbehrt gesetzlicher Grundlage 

Viele Urlauber scheitern aber genau hier derzeit bei der Geltendmachung ihres rechtlichen Anspruchs auf Rückerstattung. Denn die Veranstalter haben bereits damit begonnen, Gutscheine auszugeben. Nach geltender Rechtslage müssen indes Anbieter gezahlte Gelder an ihre Kunden zurück überweisen, wenn Reisen oder Veranstaltungen abgesagt werden. Dass in den vergangenen Wochen mehrere Reiseanbieter angefangen haben, Gutscheine auszugeben entbehrt jeglicher gesetzlicher Grundlage.

Gutscheine: Schutz und Abwendung von Liquiditätsengpässen

Begründet wird dies von den Reiseveranstaltern mit ansonsten drohenden Liquiditätsengpässen. Allerdings haben die Urlauber selbst oft lange für ihre Reisen gespart oder gar Kredite aufgenommen. Wer dann noch um den eigenen Arbeitsplatz fürchten und das eigene Geld zusammenhalten muss, wird durch die neue Regelung in eine unvertretbare Lage gebracht. Die Bundesregierung wiederum will die Reiseanbieter nun davor schützen, dass sie in Liquiditätsengpässe kommen, wenn sie nun Milliardenbeträge zurückzahlen müssen. Die Gutscheine sollen bis Ende 2021 eingelöst werden können. Geschieht das nicht, müssten die Beträge dann ausgezahlt werden. Und die Bundesregierung will bei möglichen Insolvenzen für die Beträge einstehen. Nach einem Gutachten, aus dem die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitiert, geht es derzeit um 3,5 Milliarden Euro

Härtefallregelung für Verbraucher

Für Verbraucher, die das Geld dringend brauchen, soll es zwar eine Härtefallregelung geben. Doch diese scheint ebensowenig verbraucherorientiert zu sein, wie der Rest der geplanten Gutscheinlösung. Seit wann müssen Gläubiger ihren Schuldnern nachweisen, dass sie auf ihr Geld angewiesen sind? Die in den Plänen der Bundesregierung bislang sehr unkonkret gehaltene Härtefallregelung bringt Bedürftige in eine unwürdige Situation, die dann gegenüber Unternehmen möglicherweise persönliche Notstände belegen müssen, um doch Geld statt Gutschein zu erhalten. 

In der Praxis müssen aber Verbraucher derzeit um ihr Geld weiter kämpfen, wenn sie auf geltendes Recht bestehen. Ob die EU-Kommission dem zustimmen wird, ist offen. In einer ersten Reaktion zeigte sich die EU-Kommission zumindest nicht überzeugt.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Geltendmachung der Ihnen zustehenden Rechte.